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Als Parkanlage im nördlichen Auenwald bin ich, das Rosental, Leipzigern und ihren Gästen seit bald tausend Jahren bekannt. Suchen Spazierende mich auf, passieren sie zuvor Straßen, Orte und Gebäude, die an Kunstschaffende vergangener Zeiten wie Tschaikowski, Nietzsche oder Beckmann erinnern. Doch wie sieht es mit zeitgenössischen Kreativen aus, die sich hier in meiner Nähe angesiedelt haben und mit ihren Kunstwerken das großstädtische Leben prägen?
Hello INYAN, du und ich, wir kennen uns ja schon sehr lange. Aber erst seit einigen Jahren sehe ich dich recht regelmäßig auf meinen Wegen wandeln. Wie kommt das?
Vor ein paar Jahren hatte ich das erste Mal so richtig Zeit, nicht nur deine Wiese und das Zooschaufenster an deren Nordseite zu genießen, sondern auch mal endlich in den westlich angrenzenden Ausläufer des Auwaldes einzutauchen. Hier hat sich dann für mich eine ganz neue Welt aufgetan. Da gibt es Ecken, da vergesse ich manchmal gänzlich, dass ich in der achtgrößten Stadt Deutschlands bin.
Wie das?
Nun ja, die Fauna und Flora ist einfach überwältigend. Ich habe, besonders was die Tierwelt angeht, noch nie an einem anderen Ort so eine Artenvielfalt wie hier vorgefunden. Und immer wieder entdecke ich neue Bewohner dieses Habitats. Das ist natürlich fantastisch. Manchmal entstehen daraus sogar echte Begegnungen über zufällige Zusammentreffen hinaus.
Wie kann ich mir so eine Begegnung vorstellen?
Wenn man inmitten deiner Flure verweilt, werden beispielsweise Pflanzen und Tiere neugierig. Man sucht sie ja praktisch zuhause auf. Wenn man sich dann gegenseitig Raum und Zeit gibt, kann man den jeweils anderen eigentlich ganz gut kennenlernen. Für mich ist das sehr spannend, denn die damit verbundene Kommunikation ist ganzheitlicher und auch oft spannender als die zwischenmenschliche, die ja durch gesellschaftliche Konventionen oft sehr vorhersehbar ist.
Fließen solcherlei Annäherungen auch in deine Musik ein und wenn ja, wie genau?
Ja, das tun sie gelegentlich. Manchmal höre ich bei dir ein außergewöhnliches Geräusch und nehme es auf, wenn ich die Rückmeldung bekomme, dass es für den Lautäußernden okay ist. Meistens jedoch ist es die allgemeine Stimmung, in die du mich versetzt. Sie bringt mich oft auf komplett neue Ideen.
Was machst du denn dann mit solch einer Aufnahme?
So eine Aufnahme, also ein Field Recording, verwende ich dann manchmal in meiner Musik. Bei Experimental Electronica habe ich als Musikerin viel kreativen Spielraum. Er ist hier nahezu grenzenlos. Jedes Geräusch kann zur Musik werden, jeder Rhythmus den Ton angeben. Der Gesang eines Vogels kann die wiedererkennbare Melodie sein, die den Track dann unverwechselbar macht, oder das Rascheln des Laubes ein interessanter akustischer Effekt auf einer bereits geschriebenen Bassline.
Aber warum genau machst du das?
Einerseits macht mir diese Abwechslung auch schon beim Musikhören Spaß. Andererseits mag ich generell Musik ohne verständliche Vocals. Und dann ist da natürlich noch der Aspekt, dass ich mich sehr zu allen Dingen in der Natur hingezogen fühle und ihr auch die Möglichkeit geben möchte, durch mich und meine Musik mit den Menschen zu kommunizieren.
Kannst du etwas zu dem Bild hier sagen?
Auf dem Bild bin ich beim Planet Myer Day in der Moritzbastei zu sehen. Neben beziehungsweise hinter mir läuft ein Video, das der VJ TiND für mich und dieses Event kreiert hat. Es zeigt grafisch gestaltete Federn, die sich ähnlich der Muster in einem Kaleidoskop nahezu im Gleichklang zu meiner Musik bewegen. Ich habe so versucht, ein immersives Erlebnis fürs Publikum und eigentlich auch für mich zu schaffen, denn der übrige Veranstaltungsraum war komplett dunkel.
Sind deine Auftritte immer mit visuellen Eindrücken verbunden?
Ja. Ich mag audiovisuelle Erfahrungen.
Warum?
Einerseits macht es mir Spaß, solche zu gestalten. Andererseits finde ich es wichtig, Räume und Situationen zu schaffen, die es ermöglichen, in andere Sphären abzutauchen. So macht es ja auch die Natur mit mir.
INYAN, du schließt die aktuelle Runde aus Interviews mit Kunstschaffenden aus meiner Nachbarschaft, möchtest du den Lesenden noch etwas mitgeben?
Klar, gern. Ich mag den künstlerischen Austausch sehr. Wenn also jemand Lust auf eine Kollaboration hat, kann er mich gern via inyan(at)adventurousmusic.com kontaktieren.
Vielen lieben Dank!
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Als Parkanlage im nördlichen Auenwald bin ich, das Rosental, Leipzigern und ihren Gästen seit bald tausend Jahren bekannt. Suchen Spazierende mich auf, passieren sie zuvor Straßen, Orte und Gebäude, die an Kunstschaffende vergangener Zeiten wie Tschaikowski, Nietzsche oder Beckmann erinnern. Doch wie sieht es mit zeitgenössischen Kreativen aus, die sich hier in meiner Nähe angesiedelt haben und mit ihren Kunstwerken das großstädtische Leben prägen?
Liebe Marion, wir kennen uns schon viele Jahre. Ich kann mich gut an deine interkulturellen Feste mit Kindern aus der VILLA auf meinem Spielplatz erinnern. Später bist du in meine Nachbarschaft gezogen, hast die klassischen Open-Airs auf meiner Wiese besucht und meine Giraffen zu deinem Krafttier für Wertschätzende Kommunikation ernannt. Doch seit ein paar Jahren erlebe ich dich vor allem mit feinem Stift und Skizzenbuch. Du bist jetzt eine erfolgreiche Urban-Sketcherin, malst mit Größen aus der Szene und dem talentierten Nachwuchs. Doch sag, was führte dich zur Malerei?
Gute Frage. Ja, es waren drei gute Dinge, die mich auf einmal wieder zum Zeichnen und Malen gebracht haben. Ich hatte schon längere Zeit einen inneren Plan, dass mehr Kunst in mein Leben kommen soll. Zu meinem inneren Plan kam unerwartet Zeit, die meine Muse, meine Freude am absichtsfreien Zeichnen und Malen wachrief. Und ich habe viele malende Freundinnen und Freunde. Mit diesen drei Dingen begann es. Alles andere entstand, weil ich seit drei Jahren nicht mehr aufhöre zu zeichnen und zu malen.
Deine Skizzenbücher füllen hauptsächlich farbige Zeichnungen. Wenn du kolorierst, was ist deine liebste Technik und warum?
Ich hielt mich bisher eher für einen grafisch sehenden Menschen, insofern koloriere ich eher meine Zeichnungen, als dass ich mit Farbe male. Daher ist mein Lieblings-Malstift der Füller, überraschenderweise hat der auch gar nichts mehr von einem Schulfüller, sondern lässt sich mit wasserlöslicher Tinte wunderbar wie in der Aquarellmalerei einsetzen. Dabei entstehen grafische und doch farblich oft monochrome Bilder oder Zeichnungen mit höchstens eins, zwei Farben. Das liebe ich sehr. Dabei lernte ich Aquarell besser kennen und nutze mittlerweile auch Pinsel und Aquarellkasten.
Du malst sehr oft Häuser des Waldstraßenviertels. Was gefällt dir besonders an dieser Architektur?
Das Waldstraßenviertel mit dem Rosental ist jetzt seit fünf Jahren mein Kiez, in dem ich lebe, und war über zwanzig Jahre mein vertrauter Ort durch viele schöne Projekte mit Kindern und Jugendlichen, die ich als Jugendsozialarbeiterin initiieren konnte. Die Architektur habe ich dabei seit den Wendejahren sich verwandeln sehen. Viele verfallene und wenig gepflegte Häuser konnten wieder zu vollem Glanz restauriert werden. Ich mag die Erker an den Häusern, die wunderbaren hohen Türen mit zahlreichen Verzierungen, die Putzquadrierungen, und ich liebe die Eckgebäude sehr. Die Häuser haben ihre Gesichter und sprechen zu mir.
Zurück zu mir und damit zur Natur: Inwiefern fühlst du deine Kunst durch mich inspiriert?
Ja du hast einen wunderbaren inspirierenden Namen: Das Rosental verspricht schon mit seinem Namen, ein zauberhafter Ort zu sein. Ich mag deine weiten Wiesen. Nichts verstellt meinen Blick, und so gehe ich gern auf alles zu, was ich zeichnen oder malen möchte.
Wenn du einen Lieblingsplatz inmitten meiner Fauna und Flora benennen solltest, wo würde er liegen?
Ich habe wohl einige Lieblingsplätze: Ich mag die Bänke im Rosental, die zum Verweilen einladen, zum Beispiel am Zooschaufenster mit dem Tierkino. Ich mag den vom Blitz getroffenen Baum am See. Und ich mag den wuseligen Wald mit so viel Unterholz: ein schönes Versteck und Zuhause für viele kleine Tiere.
Und wie sieht eine fiktive Rosentalszene aus, die du gerne einmal zeichnen würdest?
Ich liebe den Blick über die gesamte Wiese bis hin zur Stadtsilhouette in der Ferne. Der weite Blick wird gekreuzt von großen einzeln stehenden Bäumen und Kindern, die Radfahren lernen, und Eltern, die ihnen hinterherrennen, von Freundeskreisen, die picknicken und einzelnen Menschen mit ihren Hunden.
Nun sind wir auch schon am Ende angelangt. Zu guter Letzt also: Wo können Interessierte deine Kunst bestaunen?
Instagram: sketchwalk_leipzig
Liebe Marion, hab vielen Dank!