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Als Parkanlage im nördlichen Auenwald bin ich, das Rosental, Leipzigern und ihren Gästen seit bald tausend Jahren bekannt. Suchen Spazierende mich auf, passieren sie zuvor Straßen, Orte und Gebäude, die an Kunstschaffende vergangener Zeiten wie Tschaikowski, Nietzsche oder Beckmann erinnern. Doch wie sieht es mit zeitgenössischen Kreativen aus, die sich hier in meiner Nähe angesiedelt haben und mit ihren Kunstwerken das großstädtische Leben prägen?
Lieber Walter, kannst du dich erinnern, wann du das erste Mal auf ein Ei gemalt hast?
In den vierzig Jahren, in denen ich hier in Leipzig bin, habe ich jedes Jahr Eier bemalt. Und dieses Jahr war für mich der Höhepunkt, weil ich achtundzwanzig Eier bemalt habe. Ich habe die verschenkt, sogar an meine Ärzte. Und das Gute ist, dass mir sogar schon jemand rückgemeldet hat, dass sie genau das jetzt auch macht: Ostereier bemalen. Ja. Da habe ich mich so gefreut, dass das jetzt jemand schon nachmacht. Ihr und auch Bekannten aus der Nachbarschaft habe ich gesagt, dass man das mit Zuckerwasser machen muss. Und sie haben sich bedankt und sind jetzt meine Nachfolger. Und jedes Ei, das ich bemalt habe von den achtundzwanzig, ist anders. Das ist nicht immer dasselbe. Ich habe hier auch Eier, die sind schon zehn Jahre alt. Die sind hartgekocht und trocknen eigentlich aus, aber wenn sie muffeln, dann muss man sie wegtun. Aber ich habe noch keinen erlebt, der das berichtet hat. Das erste Mal habe ich hier in Leipzig auf ein Ei gemalt. Das war vor vierzig Jahren. Jetzt bin ich achtzig. Mit vierzig ungefähr habe ich damit angefangen. Zuvor habe ich Ostermotive von Karten abgemalt. Vielleicht sind es auch schon fünfundvierzig Jahre. Aber die Idee, die kam von mir damals. Ich habe früher angefangen, auf Gipsplatten zu malen. Und dann kam mit einem Mal die Idee: Walter, mache das mal mit Zuckerwasser.
Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, ein Ei zu bemalen?
Das kann ich heute nicht mehr sagen. Vielleicht, weil ich zu Ostern überall und immer bunte Eier gesehen habe. Das war ähnlich wie der Beginn meiner Karriere als Maler. Ich dachte immer, ich muss auf Porzellan malen. Und dann bin ich zum Glas, dachte, ich muss das auf Glas übertragen. Und heute ist es so, dass ich als Künstler das erfunden habe. Ich habe auch die Sorben gesehen. Die machen das auch. Aber die machen Muster. Einmal habe ich deren Ausstellung auf dem Bahnhof gesehen. Da bin ich nach Hause gerannt und habe meine bemalten Eier geholt und die der hübschen Sorbin gezeigt. Als ich in der siebten Klasse war, habe ich mit Malen angefangen. Und jetzt, als Rentner, habe ich durch die Motivation meiner Tochter wieder Lust bekommen zu malen. Das geht richtig schön, ich bin da richtig ehrgeizig und denke oft: Ach, da hast du jetzt wieder was gemalt. Ich habe da keine Langeweile. Leute mit Humor und Fantasie langweilen sich nie. Und jetzt schreibe ich auch Gedichte dazu. Doch meine Liebe ist das Malen. Wenn nicht Ostern ist, male ich keine kleinen Sachen. Dann male ich am liebsten auf einen großen Zeichenblock. Ich habe sogar noch meine Zeichnungen aus der Schulzeit und Lehre. Damals gab es die Zeitschrift Fröhlich sein und singen. Die war für uns Kinder. Aus der habe ich immer abgemalt. Und heute, mit achtzig, male ich nun so gut – fast, wie ich finde, noch besser als früher. Ich übertrage das jetzt, wenn das so groß ist, auf ein kleines Ei. Ich probiere das einfach. So kann man das machen. Und dann beschrifte ich das auch. Diese Schrift mit ihren Wellen, das liegt mir sehr und wohnt mir inne. Ich male aber auch von hier aus draußen die Gebäude. Ich werde auch mal versuchen, wenn es dann draußen schön ist, dass ich direkt draußen in ein Skizzenbuch male. Und das sind alles dann Ideen in diese Richtung. Ich habe auch schon mal mit Öl gemalt und möchte das gern nochmal versuchen. Und sollte es mir gelingen, dann kann ich auch Ölbilder malen. Oftmals male ich aber gar nicht mehr mit dem Bleistift vor, sondern nehme gleich die Farbe. Ich mache das immer mit dem Gedanken, dass ich das ja für mich tue. Es ist ja meine Freude, und die merke ich auch. Und wenn ich jemandem ein von mir bemaltes Osterei schenke, dann sehe ich, dass der sich freut.
Was gefällt dir so an Aquarellmalerei?
Aquarellmalerei ist so ähnlich wie Unterglasurmalerei. Ein Beispiel ist Zwiebelmuster. Das ist dann auf dem Scherben, bevor die Glasur draufkommt. Ich habe aber auch schon viel mit Bleistift gemalt, zum Beispiel Portraits. Meine Vorbilder sind Rembrandt und Rubens. Mir gefällt es, wenn man auf den Bildern etwas erkennen kann – ohne Bildunterschrift, wie das bei den modernen Künstlern oft der Fall ist. Ich mag lebendige Darstellungen. Und so sind auch die Motive auf meinen Ostereiern. Wenn das mit den Tieren darauf nicht geklappt hätte, dann hätte ich Pflanzen und Blumen gemalt. Das habe ich auch schon mal ausprobiert.
Und warum malst du so gerne Pflanzen und Tiere?
Ich will die Motive wiedergeben, wie ich sie in meiner Lehre gelernt habe. Deswegen nehme ich auch warme Farben. Drei Jahre habe ich gelernt. In der siebten Klasse habe ich angefangen, als ich gefragt wurde, welchen Beruf ich mal ausüben möchte. Noch in der Schule habe ich für die Wandzeitung gemalt. Das war ein Starkasten.
Du hast also schon immer Naturmotive gemalt?
Ich habe auch Abbildungen aus Brehms Tierleben abgemalt. Zuerst einen Hirsch. Später habe ich andere Tiere gemalt wie den Königstiger. Oder den Tiger und das Reh auf meinem Gesellenstück. Wir mussten auf Papier und Porzellan malen. Das wurde dann bewertet. Als Porzellanmaler habe ich praktisch und theoretisch meinen Facharbeiter gemacht. Das habe ich meinen Eltern zu verdanken. Sie haben mir die Möglichkeit gegeben, diese Lehre zu machen. Ich habe drei Jahre gelernt. Und dann war ich so stolz drauf, als ich meinen Eltern mein erstes selbstverdientes Geld geben konnte. In meiner Lehre habe ich gelernt, was man alles braucht und worauf es ankommt. Das steht auch alles in meinen Berichtsheften, die ich immer noch habe. Genau wie die guten Pinsel, die Spezialpinsel aus sibirischem Eichhörnchen, die wir damals bekommen haben, sodass wir auf Porzellan malen konnten.
Was würdest du im Waldstraßenviertel gerne mal mit dem Pinsel festhalten?
Ich werde es vielleicht versuchen, mich auf eine Bank zu setzen und von da aus Dinge zu malen, die ich sehe. So, wie ich sie sehe. Zum Beispiel die Blechbüchse. Oder ich lasse es auf mich zukommen. Vielleicht male ich im Rosental auch mal den Reiher. Ich habe den hier vom Fenster aus schon mal gemalt. Mal sehen, was ich dann dort sehe. Dort sind ja auch die Giraffen und andere Tiere. Da werde ich aber höchstwahrscheinlich vom Zoo nichts malen – aus dem Grunde, weil die Tiere im Käfig sind.
Gibt es darüber hinaus etwas, das du gerne einmal malen würdest?
Ja. Für mich sind es Bilder wie die der großen Künstler, die früher die Prinzen gemalt haben. Deswegen bin ich auch gern in Museen gegangen, zum Beispiel in die Heidecksburg. Heute bringen sie das im Fernsehen. Da habe ich auch schon mal überlegt: Die Bilder, die sehe ich lange. Jetzt muss ich vielleicht ein bisschen trainieren, dass ich schneller mit Bleistift male, so wie ich früher auch Stars wie Brigitte Bardot und andere abgezeichnet habe. Dann zeichne ich die ab und sehe die Ewigkeit. Ich habe ja auch schon mein Eigenbild gemalt. Das ist für mich das Größte.
Hast du für jemand, der jetzt mit Aquarellmalerei anfangen möchte, einen Tipp?
Wenn er mich fragt: ja.
Und sagst du ihn auch mir?
Wenn man mich konkret fragt, wie ich was gemalt habe, dann kann ich das sagen. Aber ein ganz allgemeiner Tipp ist: Wenn man Lust hat, dann soll man malen. Das geht von einem selbst aus. Und wenn man dann das Selbstgemalte sieht, dann ist man auch motiviert, weiter zu malen. Die Lust kommt auch durch das Malen selbst. Mein Meister Harry Seitz bei Schlegelmilch hat immer gesagt: Du kannst nur das malen, was du auch siehst. Wir haben mit einem Grashalm angefangen und ein Jahr lang nur auf einen Zeichenblock gemalt. Danach hat der Meister gesagt: Ja, du kannst hier anfangen und deine Lehre hier machen.
Man kann also nur malen, was man sieht?
Ja. Oder man malt noch aus der Fantasie dieses und jenes dazu. Das Grundwissen habe ich von meinem Lehrmeister bekommen. Ich male auch von Kalendern ab, zum Beispiel die Vögel. Und dann freue ich mich auch über den Kalender, in dem meine eigenen Zeichnungen abgebildet sind. Wie schön der gedruckt ist, da freut sich das Herz. Aber manches bleibt auch unvollendet. Das habe ich dann so gelassen. Manchmal sehe ich Bilder, die sind mit Öl gemalt, aber die sind nicht so lebhaft. Das Bild muss lebhaft sein, es muss Wärme rüberkommen. Das geht mit Orange, Gelb, auch mal Hellblau. Das sind die Farben, die Wärme ausstrahlen.
Wo kann man deine Kunst sehen?
Meine Kunst kann man hier bei mir sehen. Wenn man mich fragt und ich gut drauf bin.
Lieber Walter, hab recht herzlichen Dank.